Werkvertrag oder Kaufvertrag ? – Unterscheidung und Rechtsfolgen in der Praxis am Beispiel von Mängeln an Photovoltaikanlagen

In der Praxis hängen an dieser Unterscheidung massive Konsequenzen. So beträgt die Gewährleistung im Kaufrecht bei einem Mangel regelmäßig 2 Jahre, bei Arbeiten an einem Bauwerk beträgt sie bei Mängeln 5 Jahre. Der Bauhandwerker kann eine Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB verlangen, der Verkäufer hingegen nicht. Eine Möglichkeit der Abgrenzung bietet § 651 BGB.

Übernimmt der Unternehmer die Herstellung einer Sache und liefert er das dafür notwendige Material, kommt es für die rechtliche Einordnung des Vertrages entscheidend darauf an, ob die Pflicht zur Eigentumsübertragung der zu montierenden Teile oder die Herstellungspflicht im Vordergrund steht . Zur Bestimmung dessen ist zu ermitteln, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt, was von der Art des zu liefernden Gegenstandes, vom Wertverhältnis zwischen Lieferung und Montage sowie von den Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses abhängig ist .

So hat das OLG Naumburg (Urteil vom 20.02.2014, 1 U 86/13) die Dachmontage von Solaranlagen bei einer Einspeisung in das Stromnetz als Kaufvertrag eingeordnet (2 Jahre Gewährleistung), weil die Hauptleistung in der Lieferung und Eigentumsverschaffung der Solarmodule liege und die Montage lediglich eine Nebenleistung darstelle. Wird hingegen der erzeugte Strom für die Versorgung des Gebäudes verwandt, hat die Photovoltaikaanlage wiederum für den Bestand des Gebäudes Bedeutung, so dass die Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 15.05.1997 – VII ZR 287/95) hierin Arbeiten an einem Gebäude sieht und einen Werkvertrag bejaht, auch wenn die Arbeiten an sich keinen Werkvertrag darstellen.

Bei Freilandanlagen hat das OLG Bamberg (Beschluss vom 12.01.2012 – 6 W 38/11, MDR 2012, 904) eine eindeutige Entscheidung getroffen. Hier wurde das Vorliegen eines Bauwerks wegen der ortsfesten Verbindung der Anlage mit dem Boden und den daraus resultierenden speziellen Bauwerkrisiken bejaht, so dass die 5-jährige Verjährungsfrist Anwendung findet.

In der Praxis bedeutet die durch Richterrecht geprägte Unterscheidung wegen ihrer gravierenden Konsequenzen eine gesteigerte Sorgfalt bei der vertraglichen Gestaltung. So können die Parteien auch im Kaufrecht die Gewährleistung verlängern oder Sicherheitsleistungen vereinbaren. Wegen der Rechtsfolgen einer späteren juristischen Einordnung des Vertrages sollte die Vertragsgestaltung stärker in den Vordergrund gestellt werden.