Mit Beschluss vom 13. Juli 2022 hat die Vergabekammer Baden-Württemberg (Az. 1 VK 23/22) eine richtungsweisende Entscheidung zur bislang ungeklärten Frage getroffen, ob US-Anbieter digitaler Server- und Cloudleistungen ihre Dienstleistungen über europäische Tochtergesellschaften erbringen können – oder ob eine Zusammenarbeit mit US-Anbietern nach Wegfall des Privacy-Shields (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – Az. C-311/18; „Schrems-II“) trotz der Verwendung sog. Standarddatenschutzklauseln unzulässig ist.
Nach Ansicht der Vergabekammer Baden-Württemberg liegt eine datenschutzrechtlich unzulässige Übermittlung von personenbezogenen Daten in ein Drittland (außerhalb der EU) auch dann vor, wenn der entsprechende Server von einer in der EU ansässigen Gesellschaft betrieben wird, die ihrerseits Teil eines US-Konzerns ist. Allein die Möglichkeit, dass auf personenbezogene Daten durch die nichteuropäische Muttergesellschaft zugegriffen werden kann, führt zu einer sog. „Weitergabe“ im Sinne der DSGVO, dies unabhängig davon, ob ein solcher Zugriff durch die US-Muttergesellschaft tatsächlich erfolgt. Diese Weitergabe ist nach Ansicht der Vergabekammer nach Wegfall des US-Privacy-Shields unzulässig, sie konnte in dem Verfahren insbesondere nicht durch den Abschluss von Standardvertragsklauseln (sog. SCC`s) legitimiert werden.
Die (nicht bestandskräftige) Entscheidung der Vergabekammer Baden-Württemberg hat – losgelöst vom konkreten Einzelfall aus dem Bereich des digitalen Entlass-Managements – potentiell erhebliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit deutscher Unternehmen mit US-Tech-Anbietern bzw. deren europäischen Konzerngesellschaften. Dass in einem komplexen Vergabeverfahren ein Ausschluss eines Bieters erfolgt, weil dieser eine Tochtergesellschaft eines US-Anbieters einsetzt, könnte zudem erheblichen Einfluss auf die künftige Gestaltung und Durchführung von Vergabeverfahren haben.
In dem Verfahren vor der Vergabekammer Baden-Württemberg hat GRUENDELPARTNER mit einem Team um die beiden Partner Stephan Schuldt (Leiter IT/Datenschutz) und Jan Wehner (Leiter Vergaberecht) die in Thüringen ansässige Pflegeplatzmanager GmbH (PPM) beraten und vertreten. PPM ist einer der führenden deutschen Anbieter von digitalen Plattformtechnologien und Dienstleistungen im Bereich des Aufnahme-, Entlass- und Überleitungsmanagements im Pflegebereich.
- GRUENDELPARTNER:
Stephan Schuldt (IT/Datenschutz, Partner),
Jan Wehner (Vergaberecht, Verfahrensführung, Partner),
Simone Leitloff (Vergaberecht, Associate),
Kevin Lindemann (IT/Datenschutz) (alle Leipzig)
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für Rückfragen: Stephan Schuldt (IT/Datenschutz), Jan Wehner (Vergaberecht)