Urteil: BAG entscheidet zu Vesting-Klauseln in VSOP-Programmen

1. Ausgangssituation

Mit Urteil vom 19. März 2025 (Az. 10 AZR 67/24) traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine weichenstellende Entscheidung zu Vesting-Klauseln in Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen auf Basis virtueller Optionen (Virtual Stock Option Plan, VSOP).

Im zu entscheidenden Sachverhalt klagte eine ehemalige Mitarbeiterin gegen ein Unternehmen, das ein solches VSOP-Programm aufgesetzt hatte, auf Feststellung des Fortbestandes erdienter virtueller Aktienoptionen.

Die Bedingungen des VSOP-Programmes sahen vor, dass virtuelle Optionen über einen Zeitraum von vier Jahren (sog. Vesting-Periode) gestaffelt erdient (gevestet) werden. Bei einer Eigenkündigung des Mitarbeiters (sog. Bad Leaver) war ein Verfall sämtlicher Optionen vorgesehen, auch solcher, die bereits gevestet waren.

Zudem war ein sog. De-Vesting vorgesehen, d.h. nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollten die virtuellen Optionen doppelt so schnell verfallen, wie sie gevestet worden sind.

2. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das BAG stufte die Bedingungen des VSOP-Programmes in Fortschreibung seiner bisherigen Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 28. Mai 2008 - 10 AZR 351/07) als Allgemeine Geschäftsbedingungen ein. Als solche unterfielen sie einer Klauselkontrolle.

Zwar seien die oben genannten Klauseln weder überraschend noch intransparent; sie seien aber gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Das BAG nahm eine unangemessene Benachteiligung entgegen Treu und Glauben durch die Bad Leaver-Klausel an, da es – anders als der Wortlaut des VSOP-Programmes – die virtuellen Optionen als Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung ansah, die im Fall der Eigenkündigung nicht ohne Weiteres wieder entzogen werden könne.

Auch die De-Vesting-Klausel erachtete das BAG wegen unangemessener Benachteiligung der Arbeitnehmer für unwirksam.

3. Folgen für die Praxis 

3.1 Übertragbarkeit auf andere Regelungen

Zunächst sollte das Urteil als Erinnerung dienen, dass VSOP-Programme Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. §§ 305 ff. BGB sind, als solche einer besonderen Inhaltskontrolle unterfallen und bei ihrer Abfassung ein besonderes Augenmerk auf ihre Transparenz gelegt werden sollte.  Insbesondere häufig anzutreffende Schriftformklauseln sollten vor diesem Hintergrund überdacht werden.

3.2 Regelungsmöglichkeiten

Das BAG erklärt Bad Leaver-Klauseln nicht für grundsätzlich unwirksam, sondern beschreibt eine Konstellation, in der sie wirksam seien können – nämlich bei Klauseln, nach denen die von Bad Leavern gevesteten Geschäftsanteile erst nach einem längeren Zeitraum nach Ausscheiden verfallen.

Weiterhin wird man in Zukunft versuchen müssen, das Regelungsziel der Bad Leaver-Klauseln – die Förderung der Bindung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber – durch andere Mechanismen zu erreichen. Hier kommen längere Cliff-Perioden (Fristen, ab denen Optionen gevestet werden), ein nicht lineares Vesting, das gegen Ende der Vesting-Periode mehr Optionen zuteilt als an ihrem Anfang, oder Grey Leaver-Regelungen in Betracht.

Zudem ist mit dem Urteil des BAG ein wichtiges Argument gegen Performance Vesting entfallen. Performance Vesting knüpft das Erdienen von virtuellen Optionen nicht an einen Zeitablauf (sog. Time Vesting), sondern an das Erreichen bestimmter Ziele. In der Praxis hat man häufig davon abgeraten, um die virtuellen Optionen nicht als unverfallbaren Lohnbestandteil erscheinen zu lassen. Wenn dieses Argument nun aber auch für das Time Vesting gilt, kann man in vielen Fällen auch guten Gewissens ein Performance Vesting empfehlen, in dem Mitarbeiter nicht nur für bloßes Nicht-Kündigen ihres Arbeitsvertrages belohnt werden, sondern für einen echten Mehrwert, den sie dem Unternehmen bringen.